Neben Theodor W. Adorno und seinem Werk Minima Moralia steht Arthur Schopenhauer wie ein Waisenknabe da. Und dabei ist ja Schopenhauer (meiner Meinung nach zu Unrecht) als der Pessimist schlechthin verrufen.
Adorno war aber nicht mal ein Pessimist. Er beschrieb nur sein Umfeld. Was erst als Sammelsurium aus einzelnen Essays erscheint, offenbart auf den zweiten Blick ein erschreckendes Bild der Gesellschaft im Zweiten Weltkrieg. Dieses Buch ist, trotz der Sprachgewandtheit Adornos, oder eben vielleicht genau darum, ein Gräuel zu lesen. Aber nicht, weil er über die Verbrechen der Nazis schreibt. Die beschreibt Adorno nämlich gar nicht. Diese grauenhaften Bilder haben wir auch so im Kopf.
In seinem philosophischen Rundumschlag zeigt Adorno auf, was der Krieg und die autoritären Regime dieser Zeit in der Bevölkerung angerichtet haben. Wie diese dämonischen politischen Systeme die Gesellschaft bis in die hintersten Winkel zerfressen haben. Adorno hat es treffend zusammengefasst:
«Es gibt kein richtiges Leben im falschen.»
Sein Buch ist ein erdrückendes Zeitzeugnis. Die meisten Leser werden es nach ein paar Seiten beiseitelegen und einfach froh sein, nicht mehr in dieser Zeit zu leben.
Genau darum ist Adornos Werk eben ein Mahnmal. Solche Dämonen dürfen wir nie wieder aufwecken.
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Zum Nachdenken:
Aus der Rede von Erich Kästner bei der Tagung des PEN Deutschland in 1958, anlässlich des 25. Jahrestages der Bücherverbrennung:
«Die Ereignisse von 1933 bis 1945 hätten spätestens 1928 bekämpft werden müssen. Später war es zu spät. Man darf nicht warten, bis der Freiheitskampf Landesverrat genannt wird. Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf...»
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Theodor W. Adorno, Minima Moralia, Reflexionen aus einem zerstörten Leben: